Zurück

TVE 20182018 ist für den TV Eibach 1903 e.V. ein "kleines Jubiläumsjahr"

Sicherlich ein Anlass um ein wenig über die Bedeutung des Vereinswesens nachzudenken.

Heute haben gerade Sportvereine Schwierigkeiten zu überleben und der zunehmende Dienst­eistungs­anspruch ihrer Mitglieder führt oft zu finanziellen Schwierigkeiten und Wettbewerbsproblemen mit kommerziellen sportlich ausgerichteten Dienst­leistern. Der Leitspruch "...ein Jahrhundert Sport­geschichte oder die Entwicklung vom Dorfverein zum Sport-Dienstleister" aus unserer Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum aus dem Jahr 2003, muss heute, 15 Jahre später, neu durchdacht werden. Nicht die Dienstleistung allein kann den Sportverein in Zukunft erhalten, sondern es muss auch die Wert­schätzung seiner Bedeutung für unsere gesellschaftliche Entwicklung neu belebt werden. Vielleicht kann eine kleine Betrachtung der Vergangenheit zu mehr Verständnis und damit auch zu mehr persönlicher wie wirtschaftlicher Unterstützung beitragen.

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind für uns heute eine Selbstverständlich­keit, doch das waren sie nicht immer. Lange Zeit wurde der Zusammenschluss von Privatpersonen verboten bzw. mit großen Restriktionen von Seiten der "Obrigkeit" belegt, die besonders private, politisch ambitionierte Zusammenschlüsse verhindern wollte. Als Beispiel sei hier der Gedanke der Turnerbewegung genannt. Sie geht auf Johann Friedrich Ludwig Christoph Jahn (1778 – 1852), auch Turnvater Jahn genannt, zurück. Er schuf den ersten Turnplatz 1811 in der Berliner Hasenheide und verband die sportliche Ertüchtigung, oder Leibeserziehung, die er Turnen nannte, auch mit politischen Idealen. Dafür wurde er mehrfach verurteilt und inhaftiert.

Der Aufstieg des modernen Vereinswesens ist eng mit der Industrialisierung zu Beginn des 19. Jahrhunderts verknüpft. Es entstand eine neue Mobilität und Individualität in der Gesellschaft. Die Städte wuchsen, das soziale Leben änderte sich und in den Strukturen der Vereine fand sich eine neue Grundlage zur Gestaltung des gemein­schaft­lichen Lebens und zur Durchsetzung gemeinsamer Interessen. Viele Vereine verbanden sportliche, religiöse und auch patriotische Interessen, so dass sich Einzelinteressen mit allgemein gesellschaftlichen Interessen bündelten und damit Einfluss und Macht erlangten. Sehr anschaulich können wir diese Entwicklung im Nürnberger "Museum Industriekultur" verfolgen, dessen Besuch an dieser Stelle empfohlen werden kann.

Als der Turnverein Eibach 1903 e.V. zur Zeit des Deutschen Kaiserreichs im Jahr 1903 gegründet wurde, gab es noch immer kein eindeutig geregeltes Vereinsgesetz. Erst das Reichsvereinsgesetz schuf 1908 ein reichsweit geltendes Vereinsrecht. Dies war ein großer Fortschritt, da nun Vereinsgründungen jedweder Ausrichtung, Zusammen­setzung und Zwecksetzung allen Bürgern – also erstmals auch Frauen – ungehindert möglich sein sollten, sofern die verfolgten Ziele nicht mit den Strafgesetzen kolli­dier­ten. Allerdings gab es Einschränkungen für Vereinigungen mit politischen Zwecken. Hier behielt sich der Gesetzgeber zum Beispiel vor Sitzungen durch die Polizei auflösen zu lassen. Was dabei als politisch galt und was nicht blieb allerdings recht zweideutig und konnte von den Behörden jederzeit selbst entschieden werden. Allgemein war damit natürlich jeder Verein angreifbar, auch der Sportverein. Dies kam zur Zeit des Nationalsozialismus zum Tragen, als die bürgerlichen Vereine "gleichgeschaltet" wurden. Sie mussten ihre demokratischen Strukturen aufgeben und sich dem Führerprinzip unterordnen. Nach dem 2. Weltkrieg konnten sich die Sportvereine mühsam reorganisieren und blühten unter tatkräftigem Einsatz ihrer Mitglieder wieder auf.

Am Beispiel der Entwicklung der Vereine spiegelt sich das stetige Ringen der Menschen um persönliche Freiheit und Selbstbestimmung wider. Im Vereinswesen kommt das Recht der freien Versammlung und das Recht der Staatsbürger, sich zu gemeinsamen Zwecken zu vereinigen und gemeinsame Ziele gemeinsam anzustreben zum Ausdruck. Heute genießen wir die Vorzüge einer Demokratie. Unsere politischen Parteien sind nach dem Vorbild der Vereine organisiert. Der Durchgriff des Staates auf die freie Entfaltung der Bürger ist stark eingeschränkt. Und erneut zeigt sich die Bedeutung des Vereinswesens an der Kraft vereinsmäßig strukturierter nichtstaatlichen Organi­sa­tionen, die in den gegenwärtigen politischen Auseinandersetzungen eine gewichtige Rolle spielen.

Wenn wir also im Jahr 2018 die Schranke an unserem TV Eibach 03 passieren könnten wir vielleicht neben allen sportlichen Ambitionen auch kurz daran denken, welch hohes Gut unser Vereinswesen und unsere Demokratie darstellen. Beides wurde über Jahrhunderte mühsam erkämpft. Es gibt leider gesellschaftspolitische Entwick­lungen weltweit, die uns daran erinnern, dass wir etwas zu verteidigen haben. Etwas das es wert ist dafür einzustehen, politisch, privat und auch im Sport. Werte sind nur dann Werte, wenn man auch bereit ist dafür klar Stellung zu beziehen. Dies ist heute wichtiger denn je. Es wäre schön, wenn der Vereinssport in Zukunft noch mehr dazu beitragen könnte Frieden, Freiheit und Gleichberechtigung zu stärken!